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III) Grundbuchrecht

Sehr geehrte Besucherinnen und Besucher,

ich möchte Sie auf einen Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 21.09.2023 hinweisen.

Der Bundesgerichtshof hat mit vorbezeichnetem Beschluss zur Frage eines Anspruchs auf Erstellung eines Grundbuchauszugs ohne bereits gelöschte Eintragungen Stellung genommen.

Eine Grundstückseigentümerin hatte im Grundbuch ihrer Immobilie diverse Eintragungen über Zwangsvollstreckungsmaßnahmen und Insolvenzen. Nachdem sie alle Forderungen beglichen hatte, wurden die Eintragungen gelöscht. Sie verblieben allerdings im Grundbuch mit dem Vermerk „gelöscht“ und wurden „gerötet“. Hintergrund ist, dass früher schon, als es noch ein richtiges physikalisches Grundbuch gab, die Eintragungen, sofern sie nicht mehr gültig waren, mit einem Rotstift durchgestrichen wurden. Dies ist nun auch im elektronischen Grundbuch weitergeführt worden, mit der Folge, dass ein Grundbuchauszug nach wie vor die Eintragungen, die im Wege von Zwangsmaßnahmen erfolgten, zwar als gelöscht gekennzeichnet sind aber nach wie vor ist ersichtlich, dass es solche Eintragungen gab. Die klagende Eigentümerin der Immobilie fühlte sich dadurch in ihren Rechten verletzt, da insbesondere ihre Bonität dadurch gefährdet war.

Der Bundesgerichtshof hat diesen Anspruch verneint und die Revision zurückgewiesen (Az. V ZB 17/22).

Für Rückfragen stehe ich gern zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen und besten Wünschen

Raymond A. Thompson

Rechtsanwalt,

Fachanwalt für Wohnungseigentums- und Mietrecht,

Notar a. D.

 

 

I ) Mietrecht

Das Bundesverfassungsgericht hat am 15.04.2021 den Berliner “Mietendeckel” für verfassungswidrig erklärt.

Näheres folgt nach.

II ) Wohnungseigentumsrecht

4.) Das neue WEG

ACHTUNG !!!

Sehr geehrte Damen und Herren,

ab dem 01.12.2020 gilt das neue WEG-Recht.

Es enthält grundlegende Änderungen.

Ich werde in Kürze darauf zurückkommen und Sie ausführlich informieren.

Gern stehe ich für Rückfragen zur Verfügung.

Mit besten Wünschen

Raymond A. Thompson

Rechtsanwalt und Notar

Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

 

3.) Führt der Verwalter Beschlüsse der Wohnungseigentümer nicht, unvollständig oder falsch aus, begründet dies keine Schadensersatzansprüche einzelner Eigentümer gegen die WEG. Verursacht ein von der Gemeinschaft beauftragter Handwerker Schäden am Sondereigentum, haftet dieser, nicht aber die WEG.

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich möchte Sie auf eine sehr interessante Entscheidung des BGH, Urteil vom 08.06.2018, Az.: V ZR 125/17, hinweisen:

Hintergrund: Sanierungsbeschluss nicht vollständig ausgeführt

Eine Wohnungseigentümerin verlangt von der Wohnungseigentümergemeinschaft Schadensersatz wegen nicht ordnungsgemäß ausgeführter Sanierungsarbeiten.

An ihrer Sondereigentumseinheit waren Feuchtigkeitsschäden aufgetreten. Nach entsprechender Beschlussfassung wurden Sanierungsarbeiten am Gemeinschaftseigentum durchgeführt, allerdings nicht fachgerecht, so dass die Feuchtigkeit fort bestand.

Nachdem es im Dezember 2008 durch einen Brand zu weiteren Schäden gekommen war, beauftragte die Gemeinschaft auf Grundlage entsprechender Beschlüsse ein Unternehmen, den Brandschaden und die Ursache für die Feuchtigkeit zu beseitigen. Das Unternehmen führte in der Folgezeit Arbeiten aus, die von der Gemeinschaft im Juni 2010 abgenommen wurden.

Im August 2010 teilte die Sondereigentümerin der betroffenen Wohnung der Verwalterin mit, dass weiterhin Durchfeuchtungen vorhanden waren. Das beauftragte Unternehmen hatte zwar den Brandschaden beseitigt, nicht aber die Ursachen für die Feuchtigkeit. Gegenüber der Verwalterin erklärte das Unternehmen sodann, aus seiner Sicht sei insoweit kein Auftrag erteilt worden. Die Verwalterin ging dem zunächst nicht nach. Erst über zwei Jahre später, im Dezember 2012, wurden die Wohnungseigentümer in einer außerordentlichen Eigentümerversammlung erneut mit den Feuchtigkeitsschäden befasst.

Die Sondereigentümerin verlangt von der Gemeinschaft Schadensersatz wegen entgangener Mieteinnahmen für Januar bis Dezember 2010.

Entscheidung: Keine Haftung der WEG

Die Klage hat keinen Erfolg. Die Gemeinschaft muss keinen Schadensersatz leisten.

Zwar hat die Verwalterin ihre Pflichten verletzt, indem sie nicht dafür gesorgt hat, dass das beauftragte Unternehmen die Sanierungsarbeiten vollständig ausführt. Der Verwalter ist gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG verpflichtet, Beschlüsse der Wohnungseigentümer durchzuführen. Er muss die vollständige Durchführung beschlossener und beauftragter Sanierungsarbeiten jedenfalls dann veranlassen, wenn sich wie hier ergibt, dass Teile des Auftrags unerledigt geblieben sind.

Eine solche Pflichtverletzung des Verwalters begründet aber keine Haftung der Eigentümergemeinschaft im Innenverhältnis zu einem geschädigten Wohnungseigentümer.

Ist eine gebotene Beschlussfassung über eine Sanierung des Gemeinschaftseigentums gänzlich unterblieben, kommt eine Haftung des Verbandes gegenüber einem einzelnen Wohnungseigentümer nicht in Betracht; in einem solchen Fall können nur die übrigen Eigentümer zum Schadensersatz verpflichtet sein, die schuldhaft untätig geblieben sind oder gegen die erforderliche Maßnahme gestimmt oder sich enthalten haben. Das hat der BGH bereits klargestellt.

Ist hingegen eine Willensbildung des Verbandes erfolgt und ein Beschluss gefasst worden, dieser aber nicht oder – wie hier – nur unvollständig durchgeführt worden, scheidet eine Haftung der übrigen Wohnungseigentümer aus. Insoweit kann sich eine Ersatzpflicht des Verwalters ergeben, denn dieser ist gegenüber den Wohnungseigentümern und der Gemeinschaft verpflichtet, die Beschlüsse durchzuführen.

Ob in einer solchen Situation neben dem Verwalter auch die teilrechtsfähige Wohnungseigentümergemeinschaft zum Schadensersatz verpflichtet sein kann, hat der BGH bislang offen gelassen. Nun stellt der BGH klar: Eine Haftung der Gemeinschaft im Innenverhältnis besteht in einem solchen Fall nicht, denn dies wäre mit der gesetzlichen Kompetenzverteilung unvereinbar.

Zwar schließt die Gemeinschaft – vertreten durch den Verwalter – im Außenverhältnis in eigenem Namen die Verträge ab, die zur Durchführung von Beschlüssen erforderlich sind. Im Innenverhältnis ist der Verband aber nicht in die ordnungsgemäße Verwaltung des Gemeinschaftseigentums eingebunden. Die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums obliegt den Wohnungseigentümern, dem Verwalter und bei Bestellung eines Verwaltungsbeirats auch diesem. Die Pflicht zur Durchführung von Beschlüssen trifft den Verwalter und nicht die Wohnungseigentümergemeinschaft.

Soweit im Zuge der WEG-Reform 2007 in § 10 Abs. 6 Satz 1 WEG die Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft normiert worden ist, diente dies dazu, das Handeln im Außenverhältnis zu vereinfachen. Am Pflichtengefüge im Innenverhältnis wurde nichts geändert. Vorschläge im Gesetzgebungsverfahren, die Verwaltungsbefugnisse der Gemeinschaft zuzuweisen, hat der Gesetzgeber nicht aufgegriffen.

Daher begründen Pflichtverletzungen des Verwalters, die sich auf die Durchführung von Beschlüssen beziehen, keine Schadensersatzansprüche einzelner Wohnungseigentümer gegen die Gemeinschaft.

Auch aus Praktikabilitätserwägungen ergibt sich nichts anderes. Insbesondere werden die einzelnen Wohnungseigentümer nicht rechtlos gestellt. Wenn es darum geht, die Durchführung gefasster Beschlüsse zu erreichen, kann und muss sich der einzelne Eigentümer an den Verwalter halten; notfalls kann er den Beirat einschalten. Ferner kann die Eigentümerversammlung mit dem Ziel einer Anweisung an den Verwalter oder sogar der Abmahnung oder Abberufung angerufen werden. In dringenden Fällen kann per einstweiliger Verfügung ein Notverwalter eingesetzt werden. Außerdem hat jeder Eigentümer einen individuellen Anspruch gegen den Verwalter, seine gesetzliche Pflicht zur Beschlussdurchführung zu erfüllen.

WEG haftet nicht für Fehler von Handwerkern:

Eine Haftung des Verbandes ergibt sich auch nicht daraus, dass das mit der Sanierung beauftragte Unternehmen oder der eingeschaltete Architekt ihre Pflichten möglicherweise verletzt haben.

Handwerker, Bauleiter oder Architekten, die der Verwalter zur Durchführung einer beschlossenen Sanierung im Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft beauftragt, sind im Verhältnis zu den einzelnen Wohnungseigentümern nicht Erfüllungsgehilfen des Verbandes im Sinne von § 278 Abs. 1 BGB. Somit hat der Verband deren Verschulden nicht zu vertreten.

Für Schäden, die solche Auftragnehmer schuldhaft am Sondereigentum verursachen, haftet regelmäßig nicht die Wohnungseigentümergemeinschaft, sondern der Schädiger aufgrund der Verletzung von Pflichten aus seinem Vertrag mit der Wohnungseigentümergemeinschaft, der Schutzwirkung zugunsten der einzelnen Wohnungseigentümer hat. Der Verwalter muss einen geschädigten Wohnungseigentümer bei der Durchsetzung seiner Ansprüche jedenfalls insoweit unterstützen, als er ihm alle erforderlichen Informationen zukommen lassen muss.

Für die Rechtslage vor der WEG-Reform hatte der BGH die Auffassung vertreten, dass beauftragte Handwerker Erfüllungsgehilfen der Eigentümer seien, so dass die Eigentümer für Fehler von Werkunternehmern, die zu Schäden am Sondereigentum führten, gemäß § 278 BGB einzustehen hatten. Diese Rechtsprechung könne aber nach der aktuellen Rechtslage nicht fortgeschrieben werden.

Sollten Sie noch Fragen zu der vorgenannten Entscheidung haben, stehe ich für Rückfragen gern zur Verfügung.

Mit besten Wünschen

Raymond A. Thompson

Rechtsanwalt und Notar

Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

 

2.) Eigentümer schieben Sanierung feuchter Wände auf.

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich möchte Sie auf eine sehr interessante Entscheidung des BGH, Urteil vom 4.5.2018, Az.: V ZR 203/17, hinweisen:

Die Eigentümer dreier Teileigentumseinheiten verlangen die Durchführung von Sanierungsarbeiten. Das Gebäude der Wohnungs- und Teileigentümergemeinschaft wurde 1890 errichtet und 1986 in zwölf Wohnungen und drei Teileigentumseinheiten aufgeteilt.

Die in deTeilungserklärung als „Laden“ bzw. „Büro“ bezeichneten Teileigentumseinheiten befinden sich im Souterrain und werden als Naturheilpraxis, Künstleragentur und Kommunikationsagentur genutzt. Weil die Innen -und Außenwände dieser Einheiten massive Durchfeuchtungen aufwiesen, holte die Wohnungseigentümergemeinschaft im Jahr 2010 ein Gutachten eines Ingenieurbüros und im Jahr 2011 ein Gutachten eines Architekten ein. Beide Gutachten ergaben dieselben Schadensursachen, nämlich eine fehlende außenseitige Sockelabdichtung, eine fehlende Horizontalsperre und im Mauerwerk eingelagerte Salze.

In einer Eigentümerversammlung  wurde ein Antrag der Teileigentümer, die Beseitigung der Feuchtigkeitsschäden zu beschließen, mehrheitlich abgelehnt, ebenso ein Antrag, das Mauerwerk abzudichten. Hingegen fand der Antrag, ein weiteres Sachverständigengutachten einzuholen, eine Mehrheit.

Die Eigentümer der Teileigentumseinheiten haben die Beschlüsse angefochten. Sie verlangen, die übrigen Eigentümer zur Zustimmung zu den Sanierungsmaßnahmen zu verurteilen beziehungsweise die Beschlüsse gerichtlich zu ersetzen.

Entscheidung des Bundesgerichtshofes: Gemeinschaftseigentum muss saniert werden

Die Wohnungseigentümer sind zur Sanierung des Gemeinschaftseigentums verpflichtet. Es widersprach ordnungsmäßiger Verwaltung, die erforderliche Sanierung mit den angefochtenen Beschlüssen weiter zu verzögern. Daher haben die Anfechtungsklagen und die Klage auf gerichtliche Beschlussersetzung Erfolg.

Das gemeinschaftliche Eigentum muss grundsätzlich jedenfalls in einem solchen baulichen Zustand sein, dass das Sondereigentum zu dem in der Teilungserklärung vorgesehenen Zweck genutzt werden kann. Wenn das Gemeinschaftseigentum gravierende bauliche Mängel aufweist, die die zweckentsprechende Nutzung von Wohnungs- oder Teileigentumseinheiten erheblich beeinträchtigen oder sogar ausschließen, ist eine sofortige Instandsetzung zwingend erforderlich. Dann können einzelne Wohnungseigentümer die Sanierung gemäß § 21 Abs. 4 WEG verlangen.

Um solche Mängel geht es hier. Die Ursache der massiven Durchfeuchtungen besteht in einer fehlenden Abdichtung des Gebäudes und damit im Gemeinschaftseigentum. Somit ist die Sanierung Aufgabe aller Eigentümer, genauso wie dies etwa bei Mängeln am Dach der Fall wäre.

Die Teileigentumseinheiten, die als Büro beziehungsweise Laden genutzt werden dürfen, müssen genauso wie Wohnungen zum Aufenthalt von Menschen geeignet sein. Massive Durchfeuchtungen müssen die Teileigentümer nicht akzeptieren, auch dann nicht, wenn noch kein Schimmel aufgetreten ist. Ein Anspruch auf Sanierung entfällt auch nicht deshalb, weil die Einheiten im Souterrain eines Altbaus liegen.

Die Sanierung ist den übrigen Eigentümern auch zuzumuten. Wenn der Erhalt der Gebäudesubstanz gefährdet ist, muss ohnehin saniert werden. Ist die Gebäudesubstanz nicht gefährdet, ließe sich die Sanierung allenfalls durch eine Änderung der Teilungserklärung vermeiden, indem der Nutzungszweck der betroffenen Einheiten geändert wird, hier etwa durch eine Änderung dahingehend, dass die Teileigentumseinheiten (nur) als Keller dienen.

Ob Durchfeuchtungen einer als Keller dienenden Teileigentumseinheit unter Umständen hingenommen werden müssten, und ob unverhältnismäßige Kosten der Instandsetzung dazu führen können, dass die übrigen Wohnungseigentümer eine Anpassung der in der Teilungserklärung vorgesehenen Zweckbestimmung gemäß § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG verlangen können, konnte hier aber offen bleiben. Denn abgesehen davon, dass es in dem Verfahren nicht um einen solchen Anpassungsanspruch ging, wäre dies ein äußerst gravierender Eingriff in das Eigentumsrecht der betroffenen Eigentümer, die ihre Einheiten nicht mehr als Laden oder Büro nutzen könnten. Deshalb kann eine Anpassung der Teilungserklärung nur als ultima ratio in Ausnahmefällen und gegen Ausgleichszahlungen in Betracht gezogen werden.

Ein solcher Ausnahmefall lag hier nicht vor. Die Feuchtigkeit kann behoben werden und auch wenn die erforderlichen Kosten hoch sind, stehen sie nicht völlig außer Verhältnis zum erzielbaren Nutzen. Zudem gibt es ohnehin keine „Opfergrenze“ für einzelne Eigentümer.

 

1.) Eigentümerliste

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich möchte Sie auf eine sehr interessante Entscheidung des BGH, Urteil vom 04.05.18 – V ZR 266/16, hinweisen:

Die Parteien sind die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Der Kläger hat mit der gegen die übrigen Wohnungseigentümer gerichteten Klage u.a. mehrere in der Eigentümerversammlung vom 1. Oktober 2014 gefasste Beschlüsse angefochten. Eine Eigentümerliste war der Klageschrift nicht beigefügt. Die Klage wird der Verwalterin zugestellt. Auf Anforderung des Gerichts legte die Verwalterin eine Eigentümerliste vor, die den Stand 13.4.2015 aufwies.Das Amtsgericht hat abgewiesen.

Im Termin vor der Berufungskammer erklärte die Verwalterin, sie gehe davon aus, dass die Liste nicht den Eigentümerbestand zum Zeitpunkt der Klagezustellung wiedergebe, weil sich bis zur Einreichung der Liste noch Wechsel im Eigentümerbestand ergeben hätten. In der Liste ist eine Eigentümerin aufgeführt, die erst im Februar 2015 Wohnungseigentum erworben hat. Eine weitere vorgelegte Liste vom 17.5.2016 weist wiederum einen anderen Eigentümerbestand auf. Die Berufung des Klägers hat das Landgericht mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage als unzulässig abgewiesen wird, weil der Anfechtungskläger die beklagten Wohnungseigentümer nicht rechtzeitig unter Angabe einer ladungsfähigen Anschrift namentlich bezeichnet habe. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Berufungsanträge weiter. Die Beklagten beantragen die Zurückweisung der Revision. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart – 10. Zivilkammer – vom 12. Oktober 2016 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Leitsatz des Urteils:

a) Legt der Verwalter auf eine entsprechende Anordnung des Gerichts eine Eigentümerliste vor, kann das Gericht mangels entgegenstehender Anhaltspunkte in aller Regel davon ausgehen, dass der Verwalter die Liste nach bestem Wissen und Gewissen erstellt hat und diese den Eigentümerbestand im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit zutreffend ausweist (Fortführung von Senat, Urteil vom 14. Dezember 2012  V ZR 162/11, NJW 2013, 1003).

b) Anders liegt der Fall aber, wenn der Verwalter selbst auf Fehler der vorgelegten Liste oder Zweifel an ihrer Richtigkeit hinweist, diese Fehler aber nicht korrigiert bzw. die Zweifel nicht aufklärt. Es ist Aufgabe des Verwalters, die für das Erstellen einer korrekten Eigentümerliste etwaig erforderlichen Ermittlungen anzustellen. Weigert er sich, eine entsprechende Liste vorzulegen, ist er hierzu mit Zwangsmitteln anzuhalten. Als Zwangsmittel steht hierbei allerdings nur die Verhängung eines Ordnungsgeldes entsprechend § 142 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 390 Abs. 1 Satz 2 ZPO zur Verfügung, nicht jedoch eine Haftanordnung (Fortführung von Senat, Urteil vom 14. Dezember 2012  V ZR 162/11, NJW 2013, 1003).

Wesentliche Urteilsgründe:

„a) § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG i.V.m. § 253 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 4, § 130 Nr. 1 ZPO verlangt, dass die in der Klage zunächst nur mit einer Kurzbezeichnung benannten beklagten Wohnungseigentümer bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung unter Angabe einer ladungsfähigen Anschrift namentlich zu bezeichnen sind. Diesen Anforderungen genügt eine Eigentümerliste nicht, die nicht dem aktuellen Stand im Zeitpunkt der Klageerhebung (vgl. § 261 ZPO) entspricht, da eine solche Liste die beklagten Wohnungseigentümer nicht vollständig erfasst und daher nicht alle beklagten Eigentümer namentlich bezeichnet werden. Werden die Angaben nicht bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz korrigiert, ist die Klage – vorbehaltlich der Ausführungen unter 2. – als unzulässig abzuweisen (vgl. Senat, Urteil vom 4. März 2011 – V ZR 190/10, NJW 2011, 1738 Rn. 11; Urteil vom 20. Mai 2011 – V ZR 99/10, NJW 2011, 3237 Rn. 8; Urteil vom 8. Juli 2011 – V ZR 34/11, NZM 2011, 782 Rn. 6). An dieser Rechtsprechung hält der Senat trotz der hieran in der Literatur vereinzelt geübten Kritik fest.“

„Die Nachreichung einer aktuellen Eigentümerliste erst im Berufungsrechtszug stellt nämlich keine Klageänderung in Form eines Parteiwechsels dar. Hierdurch ändert sich die Stellung der verklagten Wohnungseigentümer als Partei des Prozesses nicht. Insoweit kommt der Eigentümerliste lediglich deklaratorische Bedeutung zu. Ein in der Liste versehentlich nicht aufgeführter Wohnungseigentümer bleibt gleichwohl Partei (vgl. Senat, Urteil vom 8. Juli 2011 – V ZR 34/11, NZM 2011, 782 Rn. 8; Urteil vom 28. Oktober 2011 – V ZR 39/11, NJW 2012, 997 Rn. 10; Urteil vom 14. Dezember 2012 – V ZR 162/11, NJW 2013, 1003 Rn. 5). Der Senat hat zudem bereits entschieden, dass es auch für die Wahrung der materiell-rechtlichen Ausschlussfrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 WEG auf das Beibringen einer aktuellen Namensliste nicht ankommt. § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG hat deshalb lediglich für die verfahrensrechtliche Frage Relevanz, ob die Klage durch Prozessurteil abzuweisen ist (Senat, Urteil vom 20. Mai 2011 – V ZR 99/10, NJW 2011, 3237 Rn. 12 f.).“

„b) In einer solchen Situation kommt ein Kläger nach der Rechtsprechung des Senats der ihm in § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG auferlegten prozessualen Obliegenheit, eine Eigentümerliste vorzulegen, nach, wenn er sich auf die Vorlage der Liste durch die Verwaltung bezieht oder beantragt, der Verwaltung die Vorlage einer Liste aufzugeben. Aus einer analogen Anwendung des § 142 Abs. 1 ZPO folgt, dass das Gericht auf eine entsprechende Anregung des Klägers tätig werden und der Verwaltung die Vorlage der Liste unter Fristsetzung aufgeben muss. Ein Ermessensspielraum des Gerichts besteht regelmäßig nicht, weil der Verwalter aufgrund des Verwaltervertrags auch gegenüber dem einzelnen Wohnungseigentümer zu der Vorlage verpflichtet ist. Kommt der Verwalter der Anordnung nicht innerhalb der gesetzten Frist nach, ist er dazu mit Ordnungsmitteln anzuhalten (§ 142 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 390 ZPO analog). Ein etwaiges Versäumnis der Verwaltung wirkt sich nicht zu Lasten des Klägers aus und darf nicht zur Abweisung der Klage als unzulässig führen (vgl. zum Ganzen Senat, Urteil vom 14. Dezember 2012 – V ZR 162/11, NJW 2013, 1003 Rn. 9 ff.).“

„Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist aber eine gleichzeitige Prozess- und Sachabweisung in demselben Urteil wegen der unterschiedlichen Rechtskraftwirkungen einer Sach- gegenüber einer Prozessabweisung nicht zulässig. Der Teil des Urteils, der sich auf die fehlende Begründetheit bezieht, gilt in einem solchen Fall als nicht geschrieben (vgl. BGH, Urteil vom 19. März 1997 – XII ZR 277/95, NJW 1997, 2176 Rn. 20 mwN). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, da das Berufungsgericht hinsichtlich der Begründetheit im Wesentlichen auf das Urteil des Amtsgerichts verwiesen hat, ohne sich mit dem Vorbringen des Klägers in der Berufungsinstanz auseinanderzusetzen. Es fehlt für eine abschließende Beurteilung daher an einer verwertbaren tatsächlichen Grundlage.“

Kommentar:

Kläger in wohnungseigentumsrechtlichen Binnenstreitigkeiten (§§ 43 ff. WEG) stehen häufig dem Problem gegenüber keine (aktuelle) Eigentümerliste ihrer WEG zu haben und diese auch nicht ohne erheblichen Aufwand erstellen zu können. Der Gesetzgeber hat diese Problem erkannt und eine Ausnahmeregelung zu § 253 II 1 ZPO getroffen, wonach bei Klageerhebung eine Kurzbezeichnung der Beklagten ausreicht (§ 44 I 1 WEG) und die vollständige Nennung der Beklagten erst bis zum Ende der mündlichen Verhandlung erfolgen muss (§ 44 I 2 WEG). Gleichwohl führt dies in der Praxis regelmäßig zu Problemen für den Kläger, insbesondere bei großen Verbänden.

Der Senat bestätigt seine klägerfreundliche Rechtsprechung, wonach die Tatsacheninstanzen verpflichtet sind, auf Anregung des Klägers eine Anordnung nach § 142 I ZPO (analog) gegenüber dem Verwalter zu erlassen und diese nötigenfalls per Ordnungsgeld (§ 390 I ZPO) durchzusetzen. Kommt die Verwaltung dieser Anordnung nicht nach, so wirkt sich dies nicht zu Lasten des Klägers aus, die Klage darf nicht als unzulässig abgewiesen werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn dem Kläger „keine anderen Erkenntnisquellen“ zur Verfügung stehen (s.u. III. 1.) Das Ermessen des Gerichtes ist insofern regelmäßig auf null reduziert, kommt es dieser Verpflichtung nicht nach, stellt dies einen Verfahrensfehler dar. Die Unzulässigkeit kann noch im Berufungsrechtszug geheilt werden.

Inwiefern dies auch noch in der Revisionsinstanz möglich ist, wird nur von Staudinger 2018, § 44 WEG Rn. 8 diskutiert, welcher dieses bejaht.

Welche Anforderungen sind an den Kläger?

Der Senat stellt in seinem Urteil auch darauf ab, dass dem Kläger keine anderen Erkenntnisquellen zur Verfügung standen. Dies wirft die Frage auf, welche Anforderungen an den Kläger zu stellen sind, selbst tätig zu werden.

Dabei ist zunächst zu beachten, dass der Kläger als Wohnungseigentümer einen materiell-rechtlichen Anspruch gegen den Verwalter auf Herausgabe einer Eigentümerliste hat. Dieses führt der Senat auch als Argument an, um die §§ 142 I, 390 ZPO anzuwenden. Hinzu kommt, dass selbst bei kleineren Einheiten die Eigentümerlage, und insbesondere deren ladungsfähige Anschrift, nicht immer ohne Weiteres ausfindig zu machen ist.

Der Verwalter hingegen muss ohnehin ein solche Liste haben oder anfertigen, da er als gesetzlicher Vertreter verpflichtet ist, die Klage an die Eigentümer zuzustellen.

Es spricht daher einiges dafür, die Erstellung und Einreichung durch den Kläger nur im Ausnahmefall vorzusehen und grundsätzlich die Verwalter aufzufordern, eine solche Liste einzureichen.

Sollten Sie noch Fragen zu der vorgenannten Entscheidung haben, stehe ich für Rückfragen gern zur Verfügung.

Mit besten Wünschen

Raymond A. Thompson

Rechtsanwalt und Notar

Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht